Im Herzen der Atacama-Wüste, ein Abschied und erste Impressionen..

Das war dann wohl nichts! Wie in meinem letzten Artikel beschrieben (siehe auch Santiagos Ein- und Aussichten und auf der Panamericana in den Norden..) versuche ich, das Very-Large-Telescope der ESA zu besuchen. Jedoch habe ich eine Absage erhalten und der Blick in die Sterne bleibt mir somit erstmal verwehrt. Dafür habe ich eine Einladung erhalten, die nächste Sonnenfinsternis in quasi erster Reihe zu verfolgen – diese findet allerdings erst Mitte 2018 statt. Ich weiß nicht, ob ich die Gelegenheit wahrnehmen werden kann. Mal sehen, wo ich mich zu besagtem Zeitpunkt aufhalten werde.

Die mit der erhofften Stern-Stunde verbundene Rückreise von Iquique nach Antofagasta  war aber nicht umsonst. Ohnehin hätte ich die Distanz, dieses Mal die längere Variante durch das Landesinnere von 550 km, zurück gelegt. Von Antofagasta nämlich breche ich auf in das nur noch 310 km entfernte San Pedro de Atacama. Direkt im Herzen der gleichlautenden Wüste.

Der Ort ist ein Konglomerat aus kleinen Siedlungen mit knapp 6.000 Einwohnern, das über ein riesiges Areal verteilt ist. Anziehungspunkt schlechthin ist das nahe gelegene Valle de la Luna. Das Tal des Mondes ist in einen Nationalpark integriert und lockt mit einer sehr lebensfremden, fast schon grotesken Landschaft. Nicht umsonst trägt dieser Abschnitt der Erde diesen Namen, wähnt man sich wie in einer fremden Welt. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf in den nur 20 km entfernten Mond. Allerdings ist das nach der Anreise in nur wenigen Stunden von einer Höhe von 0 m ü.NN auf circa 2.500 m ü.NN eine Herausforderung für mich.

Über stark verkalkte Wege, Schotterpisten und sandige Straßen mühe ich mich bis zum Ende des Tales. Die verschiedenen Farben der Felsen, die über Jahrmillionen geworfenen Falten am Fuße der Berge, die Kargheit. Dazu die ohrenbetäubende Stille. Das freudige Grinsen, das erleben zu dürfen, wird mir, trotz der Mühen, den Tag über erhalten bleiben.

Zwischendurch mache ich Halt an den von der Parkleitung eingerichteten Aussichtsplattformen, die über kurze Fußwege zu erreichen sind. Die teilweise gegebene 360°-Aussicht lässt mich all die Strapazen vergessen. Weit und breit kein Mensch, kein Fahrzeug, keine Siedlung – einfach nichts außer wunderschöner Natur. Zeit zum Staunen, Innehalten, Sinnieren und Genießen. Definitiv ein Muss für jeden Südamerika-Reisenden

Eigentlich ist dieser Ausflug für die Aufnahmekapazität an Eindrücken für einen Tag schon ausreichend. Dennoch mache ich mich auf zu dem nächsten Highlight der Region: dem Tal des Todes.

Die Lebensfeindlichkeit, die diesem Tal angelastet wird, besteht tatsächlich. Es sind von dem Eingang nur 4 km zum höchsten Punkt. Diese haben es allerdings in sich. Steigungen, die für mich nicht Akklimatisierten zur Sysiphos-Aufgabe werden. Trockene, heiße Luft und zugleich kalte Winde. Insbesondere der letzte Kilometer verlangt mir alles ab, ist doch selbst das Schieben des Zweirades über den sandigen, tiefen aber dafür steil ansteigenden Untergrund Schwerstarbeit. Pünktlich zum Sonnenuntergang komme ich auf der alles überragenden Hochebene an. Sieg! Über mich, über die Natur. Die Trophäe ist die Aussicht und der Moment..

Meine Reise setze ich fort. Denke ich zumindest. Als ich am frühen Morgen den Bus Richtung Argentinien besteigen möchte, um dort nach ein paar Tagen Aufenthalt mein 5. Land anzusteuern, wird mir mitgeteilt, dass die Pässe aufgrund von Schneegestöber unpassierbar sind. Bizarr. Inmitten der Trockenheit der Atacama-Wüste kann ich den Worten der Verantwortlichen nur schwer Glauben schenken, dass Schnee meine geplante Reiseroute unmöglich macht. Kurzerhand disponiere ich um. Über Calama, eine Stadt in nur 100 km Entfernung und mit 0 Regentagen pro Jahr der wohl trockenste Ort der Welt, fährt mich der Bus an die Chilenisch-Bolivianische Grenze. Der Bus kennt dabei eigentlich nur eine Richtung: nach oben. Die immer dünner werdende Luft hindert mich nicht daran, diese unberührte Natur in Augenschein zu nehmen. Gelbe, grüne und fast weiß wirkende Büsche säumen die schwarzen, roten oder ockerfarbenen Hänge der immer höher werdenden Berge. Dazwischen mal ein Salzfeld. Oder wirklich im Nichts eine Siedlung von ein paar Häusern. Genauso unerwartet ist auch der Grenzübergang nach Bolivien plötzlich da. Adios wunderschönes Chile und danke für die fantastische Zeit. Jetzt bin ich aber hier. In Bolivien. Wieder überkommen mich zahlreiche Erwartungshaltungen, Ideen und die Vorfreude auf neue Abenteuer in dem mir unbekannten Land.

Und diese erfüllen sich zunächst in Uyuni. Eine Bolivianische Kleinstadt mit 20.000 Einwohnern. Im Vergleich zu Chilenischen Städten ist hier alles anders. Es laufen traditionell gekleidete Menschen durch die Gassen. Der Handel bewirbt lautstark seine Waren. Überall läuft Musik. Essen wird angeboten. In der Nähe des Busbahnhofs werden die letzten freien Passagen in alle Himmelsrichtungen monoton, lauthals feilgeboten. Alles wirkt auf mich zunächst ein bisschen befremdlich, aber dafür umso interessanter. Ich bin fast schon dankbar, dass der ursprünglich geplante Zwischenstopp in Argentinien Schneeverwehungen zum Opfer fällt, bin ich doch endlich in einem Land, dass meinen Vorstellungen von Südamerika am Nächsten kommt. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Sehenswürdigkeiten dieser Kleinstadt sehr begrenzt sind. Diese, in den wenigen Vierteln zu findenden Attraktionen, sind innerhalb weniger Stunden abgearbeitet.

Uyuni ist aber auch eher dafür bekannt, Basisstation für Ausflüge in den Salar de Uyuni, dem größten Salzsee der Welt, zu sein. Da ich aber wegen meines bevorstehenden Geburtstages mir für diesen eine größere Stadt und ein wenig mehr Komfort wünsche, verschiebe ich den Besuch der Salzpfanne auf einen späteren Zeitpunkt. Stattdessen widme ich mich den kulinarischen Besonderheiten und überbrücke die Zeit bis zur Weiterreise mit dem Probieren von lokaler Küche und Getränken. Sehr lecker. Und dazu gibt es in den abseits gelegenen Garküchen immer wieder Begegnungen mit Einheimischen, die mich fröhlich und stolz in ihrem Land Willkommen heißen.

Eine wirklich nennenswerte Sehenswürdigkeit gibt es dann aber doch: der Friedhof der Züge. Außerhalb der Siedlungsgrenze befindet sich ein Areal, indem Lokomotiven, Frachtwaggons oder beschädigte Personenkabinen auf den völligen Verfall warten. In der Trockenheit und äußerst geringen Luftfeuchtigkeit der Region dürfte das noch sehr lange dauern.

Es begegnen mir zudem, mich prägende, Besonderheiten: zum Einen das zerstörerische und hässliche Bild „des Gleises in eine von Plastik vermüllte Zukunft“ und zum Anderen  die ausgleichende, hoffnungsfrohe (frei aus dem Französischen übersetzte) Botschaft „Sie wussten nicht, was unmöglich ist..also haben sie es einfach getan“..

Ich kann nur hoffen, dass letzteres Motto das besagte Gleis zur Sackgasse macht und Einhalt gebietet…denn immer mehr wird mir bewusst, wie sehr wir Menschen uns unserer Lebensgrundlage berauben, selbst in abgelegenen Wüsten unsere Spuren längst nicht mehr von der Hand zu weisen sind (in den Weltmeeren sieht es sicherlich nicht anders aus) und wie glücklich ich mich schätzen darf, eine für das Auge noch verhältnismäßig relativ gering beschmutzte Natur studieren zu können. Der tatsächliche Schaden ist schon jetzt deutlich schwerwiegender.

Ich fühle mich bestätigt, meine Reise jetzt zu unternehmen. Wer weiß, ob ein solches Unterfangen in 20 Jahren überhaupt noch möglich ist.

Bedacht, meinen ökologischen Fußabdruck nach wie vor äußerst klein zu halten besteige ich das nächste öffentliche Verkehrsmittel. Ich reise ins Landesinnere. In die höchstgelegene Regierungsstadt der Welt mit dem symbolträchtigen Namen: La Paz.

Ich werde berichten..

Euer Thilo


3 Gedanken zu “Im Herzen der Atacama-Wüste, ein Abschied und erste Impressionen..

  1. Thil. Hola! Excelente tu redacción del viaje! Muy atrapante e interesante , me transporto con las fotos al lugar y es fantástico!!! Felicitaciones!!! Tus ojos sigan captando la belleza de la naturaleza y las culturas diversas. Siempre lo mejor para ti! Vane .B

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