Santiagos Ein- und Aussichten und auf der Panamericana in den Norden..

Nach ereignisreichen Tagen in dem Chilenischen Patagonien (siehe auch Nochmal zum Ende der Welt und die Türme des blauen Himmels..) besteige ich in Punta Arenas das Flugzeug und lasse mich zurück nach Santiago de Chile tragen. Obwohl ich sonst versuche, jegliche Strecke in öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen um die Landschaft langsam an mir vorbeiziehen zu lassen, genieße ich den schnellen Flug sehr. Über zahlreiche Vulkankegelige Berge der Anden geht es 2.000km Richtung Norden – das gebotene Farbspektakel und die Ansicht der Hauptstadt in der Abenddämmerung ist spektakulär.

Weil mir dieser Anblick von oben so gut gefallen hat, besteige ich den Gran Torre de Santiago, der mit seinen „nur“ 300m als der höchste Turm Südamerikas geführt wird. Die Glasfassade des Giganten ragt weit über die übrigen Hochhäuser des Stadtteils Providencia hinaus und verspricht eine tolle Rundumsicht. Da an diesem Tag die Sonne scheint und der ansonsten allgegenwärtige Smog sich ein bisschen gelichtet hat, habe ich diese auch. Das Panorama ist beeindruckend und ich versuche die Orte ausfindig zu machen, die ich bei meinem ersten Besuch der Stadt aufgesucht habe (siehe auch Wunderschönes Santiago de Chile und ein Tagesausflug nach Valparaíso..). Aber auch der Blick von dem 15. Stock meiner Unterkunft im Zentrum der Stadt hat es in sich – insbesondere Abends, wenn sich die nahe gelegenen Universitäten und Bürohäuser leeren und die Leute in Massen durch die schummrig schön beleuchteten Straßen nach Hause eilen.

Mein Hunger nach Entdecken ist noch Lange nicht gestillt und ich beschließe, ein paar Museen aufzusuchen. Aber auch auf dem Weg dorthin kann ich Besonderheiten entdecken. So spielt ein Vermummter auf einer eigenwilligen Konstruktion aus Rohren vor dem Eingang der Metro-Station Baquedano ein fantastisches Konzert. Eine Mischung aus Techno- und Chill-Out-Music. Absolut gekonnt und eine Kunst für sich!

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Weiter Kunstvoll zu geht es mit dem Museo Nacional de Bellas Artes und dem Museo de Arte Contemporáneo, dem Centro Cultural Gabriela Mistral mit verschiedenen Ausstellungen von Zeitgenössischem und dem Museo Histórico Nacional. Alles beeindruckende Sammlungen, die mir einen guten Einblick in die Geschichte alter und neuer Zeiten, in das Kunst- und Kulturverständnis sowie in die Verarbeitung der Schreckenszeit durch das „Regime Pinochet“ geben.

Mit so vielen Aus- und Einsichten nehme ich Abschied von Santiago de Chile. Die Zeit, das Gesehene auf mich wirken zu lassen, habe ich während der Busfahrt in den Norden des Landes. Auf der Route 5, ein Teil des Straßenwerkes Panamericana, geht es nach Antofagasta. Und wieder darf ich über etliche Stunden und 1.340km Strecke einzigartige Natur bewundern. Je weiter nördlich es geht, desto karger wird die Landschaft, desto einsamer und kleiner fühlte ich mich in den großen Weiten. Selten trifft man auf Siedlungen. Überwiegend riesige Trucks und Busse transportieren Güter und Reiselustige in ihre Richtung, oder von ihr weg: der Atacama-Wüste..

Antofagasta, eine Wüstenstadt mit 300.000 Einwohnern, zwängt sich zwischen den Pazifik und die direkt dahinter liegende Küstenkordillere der Anden. Selbst steil ansteigende Hänge werden genutzt, um Wohnraum für die größtenteils indigene Bevölkerung zu schaffen.

Die Trockenheit der Region bei gleichzeitiger Nähe zum Pazifik, das Koloniale und die Moderne der Bauten, der Großstadt-Charakter und das Provinzielle ergeben in Summe ein skurriles Bild. Sehenswürdigkeiten hat die Stadt nur wenig zu bieten. Wie von mir zunächst angenommen, erweisen sich die Huanchaca-Ruinen nicht als frühere Siedlungsbaukunst, sondern als Überreste einer industriellen Salzverarbeitungsstätte. Das hier untergebrachte Atacama-Wüste-Museum ist aber dennoch einen Besuch wert und klärt sehr gut über die Geographie der Anden auf.

Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Hafen, das Museo de Antofagasta und das fast überdimensioniert wirkende Fußballstadion.

Grund meiner Reise nach Antofagasta ist eigentlich, das nur 120km entfernte Very-Large-Telescope der Europäischen Südsternwarte „El Paranal“ aufzusuchen um einen Blick in die Sterne zu wagen. Allerdings ist dies mit Formalitäten verbunden. Um die Wartezeit auf eine hoffentlich positive Antwort zu überbrücken, reise ich für ein paar Tage weiter nördlich. Ziel ist die Stadt Iquique.

Für die nur 420km Route entlang des Pazifik wähle ich wieder den Bus. Abermals zieht mich die Formgebung und die Kargheit der Natur in ihren Bann. Statt aber dieses Mal wieder unberührte Natur vorzufinden, sind an vielen Stränden wilde Siedlungen zu sehen, die in meiner Vorstellung als perfektes Surfer-Paradies genutzt werden. Leider hinterlässt der Mensch hier auch unschöne Spuren und so ist der gesamte Abschnitt der Fahrt mit Abfall auf beiden Straßenseiten übersät. Dennoch ist die direkt in das Meer mündende Wüste für mich ein Spektakel.

Noch spektakulärer wird es aber, als ich die immerhin noch circa 180.000 Einwohner zählende Stadt Iquique erreiche. Geprägt wird diese ebenfalls direkt am Pazifik liegende Stadt durch eine mächtige, die Stadt überragende Düne. Die Drachen-Düne. Ein gigantischer Sandhaufen, den ich zu besteigen versuche. Allerdings breche ich diesen Versuch wegen schierer Unmöglichkeit ab und genieße den schon atemberaubenden Ausblick von etwa der Hälfte der Höhe.

In den Abendstunden mache ich mich auf in das bereits 600m höher gelegene Alto Hospicio. Unter einem klaren Sternenhimmel blicke ich auf das direkt unter mir liegende, nächtliche Iquique: ein Wahnsinns-Moment, der sich tief in meine Erinnerungen einprägt.

Auch bei Tag ist die Stadt sehr ansehnlich und lädt auf weitläufigen Promenaden entlang traumhafter Strände und in einer sehr gepflegten Innenstadt zu Spaziergängen ein. Der historische Kern der Stadt, der aufgrund der großen Salpeter-Vorkommen in der Region schon früh in der Kolonialisierungszeit entstanden ist, lockt mit dem Museo Regional, der Flaniermeile Paseo Baquedano und dem weiter nördlich gelegenen Viertel rund um den Mercado Central zu weiteren Entdeckungstouren ein. Alles wirkt pittoresk und zugleich indigen authentisch.

Ein Erlebnis der besonderen Art ist das Schauen des Fußballspiels des Confed-Cups, Chile gegen Deutschland. In einer einfachen Kneipe fiebre ich als einziger Deutscher unter vielen Chilenen dem Ausgang der Spielzeit entgegen.  Ich werde sehr herzlich aufgenommen und mir zu Liebe wird auch das deutsche Tor bejubelt. Großartig. Irgendwie bin ich aber ganz froh, dass das Ergebnis ein Unentschieden ist..

Ich mache mich jetzt wieder auf den Weg nach Antofagasta. Mal sehen, ob ich die Genehmigung zum Besuch des Observatoriums erhalten habe..

Im nächsten Bericht löse ich auf.

Euer Thilo

 


3 Gedanken zu “Santiagos Ein- und Aussichten und auf der Panamericana in den Norden..

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