Auf dem Amazonas in die Dschungel-Hauptstadt Iquitos..

Chiclayo mit seinen tollen Ausgrabungen (siehe Chan Chan, eine Stadt aus Lehm und die Königsgräber von Sipán..) verlasse ich und reise in ein Gebiet, auf das ich mich sehr freue: es geht für mich zum Amazonas. Der Endpunkt dieser Erkundungstour soll die Stadt Iquitos am Ufer des größten Flusses der Erde sein, die inmitten des Dschungels liegt und nur mit dem Schiff zu erreichen ist. Um ein solches zu besteigen, reise ich zunächst nach Tarapoto, dem Schamanen-Zentrum Perus. Für die 685 km lange Fahrt dorthin nehme ich in dem bisher luxuriösesten Bus Platz. Für umgerechnet 23 Euro genieße ich die Annehmlichkeiten eines Sessels, der zum Bett umfunktioniert und mit Vorhängen vom restlichen Raum abgetrennt mir den Eindruck eines fahrenden Hotelzimmers vermittelt. Eine eigene Multimedia-Station und Essens-Service selbstverständlich inbegriffen. Sehr entspannt erreiche ich die 110.000 Einwohner zählende Stadt auf den schon sehr grünen Ausläufern der Anden. Nur für drei Tage halte ich mich hier auf, um mich zum Einen an das heiße Klima zu gewöhnen und zum Anderen auf den nächsten Reise-Abschnitt vorzubereiten. Die Stadt selbst hat nicht wirklich viel zu bieten, wirkt aber dennoch einladend. Im Vergleich zu den Städten an der Küste ist das Leben weniger hektisch, fast schon entspannt und ich treffe auf ausgesprochen freundliche Menschen. Ist das etwa das Werk der zahlreichen, hier ansässigen, Schamanen? Vermutlich ist es aber einfach die sehr nette Willkommens-Kultur und das Interesse an Reisenden, die mir ein paar fröhliche Momente bescheren und das Essen noch besser schmecken lassen.

Für jetzt nur noch 3 Euro reise ich, dafür aber deutlich weniger komfortabel, in einem Minibus für 125 km nach Yurimaguas. Die Kleinstadt ist der Ort für alle Fahrten von und nach Iquitos. Ich treffe am Ufer des Huallaga, ein Quellfluss des Amazonas, ein und habe die Auswahl von mehreren Fähren. Diese werden von einem Heer an Lastenträgern be- und entladen. Lastwagen werden in Millimeterarbeit über einfache Holzbohlen auf Deck gefahren und bei geglücktem Verlauf wird diese abenteuerliche Aktion von allen bejubelt. Beschließt der Kapitän, dass sein Schiff ausreichend beladen ist, kann es ablegen. Meine Fähre legt noch am selben Tag ab und ich richte mich in meiner spartanischen Kabine für mindestens zwei Nächte ein.

Die Kabine ist aber nur Stau- und Schlafraum. Ansonsten bin ich ausschließlich auf den verschiedenen Decks und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Sonnenaufgänge, die das schwarze oder braune Wasser des Flusses purpur-rot werden lassen. Die Nebel-Bänke, die über die Ufer wabern. Das üppige Grün des nicht enden wollenden Waldes, dessen dicht gedrängelnten Bäume das Ufer säumen. In einsamen Bahnen durchfährt meine Fähre den immer breiter werdenden Fluss, der sich S-förmig durch das unglaublich riesige Areal windet und sich immer wieder mit anderen Zuflüssen vereint.

Fast schon aufregend wird es, wenn uns in dieser Einsamkeit ein anderes Boot begegnet oder eine kleine Siedlung am Rande des Flusses passiert wird. Neugierig betrachten sich die Menschen von Hüben und Drüben, nehmen die Kapitäne die Ladung des anderen Schiffes in Augenschein, werden die alten und neuen Installationen des Ortes begutachtet oder winkt man sich einfach zu.

Nur das gleichmäßige, sonore Wummern des Schiffsmotors durchbricht die Stille des Dschungels. Dennoch ist das Rufen, Schnattern, Unken und Glucken der Waldbewohner gut zu vernehmen, die entweder als Einzelgänger oder in Schaaren über die Wogen gleiten. Selbst die grauen und rosafarbenden Flussdelphine lassen sich blicken, die das aufgewühlte Wasser hinter dem Schiff zum Spiel nutzen.

Und dann ist da noch die Vielfalt des Himmels. Häufig wechselnde Farben und Wolkenformationen. Ungetrübte Sicht auf die Sonne in einer Leichtigkeit des Seins. Wenige Minuten später eine Wand aus dunklen und bedrohlich wirkenden Dämonen. Dann melancholische Stimmung. Farbexplosionen bei einzigartig spektakulären Sonnenuntergängen. Fast schon ein narzisstisches Verhalten einer Himmels-Diva, die zu jeder Zeit die Schönheit des Amazonas zu übertrumpfen sucht..

So bin ich auch höchst erfreut als mir der Kapitän mitteilt, dass die Fahrt noch einen Tag länger dauern wird als geplant. Der dichte Nebel in der Nacht hat ein schnelleres Vorankommen unmöglich gemacht. Am vierten Tag tuckern wir dann in den natürlichen Hafen von Iquitos ein. Die Entdeckung der von mir so genannten Dschungel-Hauptstadt kann beginnen.

Die circa 400.000 Einwohner zählende Stadt zieht mich sofort in ihren Bann. Die Häuser der Altstadt sind überwiegend im Kolonialstil errichtet. Die Blüte-Zeit der Siedlung war während eines kurzen Kautschuk-Booms und bescherte der Stadt einen gewissen Wohlstand, der sich heute allerdings nur noch erahnen lässt. Alles ist mit reichlich Patina überzogen aber genau das hat für mich sehr viel Charme.

Ich spaziere durch die Straßen oder entlang der Promenade und entdecke Kuriositäten. Zum Beispiel ein Haus aus Blech, entworfen von Gustave Eiffel, das in Einzelteile zerlegt als Geschenk nach Quito in Ecuador geliefert werden sollte, allerdings wegen Unachtsamkeit nach Iquitos transportiert und hier aufgebaut wurde. Natürlich halte ich auch Ausschau nach einem Opernhaus, das Fitzcarraldo im gleichnamigen Film so gerne hier errichten wollte. Das existiert natürlich nicht. Aber zumindest das Museumsschiff am Ufer erinnert stark an das von Klaus Kinski gesteuerte Boot, auf dem er die einzige Opernaufführung in der Dschungel-Hauptstadt inszinierte.

Die wenigen anderen Museen, die über die am Fluss lebenden Indio-Stämme und ein wenig über deren Traditionen aufklären, sind schnell besichtigt. So bleibt mir mehr Zeit, die gelungene Symbiose aus schöner Architektur, üppiger Fauna und interessanter Menschen zu bestaunen und zu bewundern.

Eine wirklich sehenswerte Stadt, die gerade wegen ihrer Abgeschiedenheit und ihrer Lage im Dschungel einen besonderen Stil entwickelt hat. Der Besuch des Amazonas war ein Highlight meiner Reise in Peru. Er stellt auch gleichzeitig das Ende meiner Zeit in diesem wunderschönen Land dar. Ich bin glücklich, dass ich hier so viele schöne Sachen sehen und Momente erleben durfte. Der Abschied fällt mir deswegen schwer. Gerne komme ich mal wieder..

Mit dem Flieger geht es zurück nach Lima. Nach einer Nacht Aufenthalt in der Hauptstadt setze ich meine Reise Richtung Norden fort zu meinem nächsten und siebten Land: Ecuador.

Ich bin schon ganz gespannt und werde wieder berichten..

Euer Thilo

(siehe auch Stationen und Distanzen)


2 Gedanken zu “Auf dem Amazonas in die Dschungel-Hauptstadt Iquitos..

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