Nach dem Besuch in der heute größten Stadt des Landes, Lima (siehe Eine Stadt mit Wohlfühlcharakter: Lima..), möchte ich mir die einst größte Stadt des Südamerikanischen Kontinentes Chan Chan ansehen. Um diese zu erreichen, reise ich 560 km nördlich nach Trujillo. Mein Quartier schlage ich in dem ganz in der Nähe liegenden, nur 10 km entfernten, Küstenstädtchen Huanchaco auf. Letzteres ist bei Surfern aus der ganzen Welt für seine Wellen, und bei Einheimischen als Erholungsgebiet mit seinen langgezogenen Stränden, sehr beliebt. Der Ort selbst ist sehr überschaubar, wirkt in die Jahre gekommen und hat außer einer einfachen Promenade nicht wirklich viel zu bieten. Hauptattraktion sind die überall zu sehenden Schilf-Flösse, die schon vor Hunderten Jahren und heute noch zum Fischen genutzt werden. Riesige Pelikane und Seelöwen ruhen sich nach ihrer Nahrungssuche auf dem Stadtstrand aus und lassen sich dabei aus nächster Nähe beobachten. In weiterer Ferne gibt es traumhafte Sonnenuntergänge zu bestaunen, die den Pazifik und die mondlandschaftartige Küste in verschiedenste Farben tauchen.
Ähnlich Farbenfroh geht es in der Stadt Trujillo zu, die ich mir zunächst anschaue. Wie in fast allen Städten Perus dominieren hier im Kolonialstil erbaute Häuser, Paläste und zahlreiche Kirchen das Bild. Der Innenstadtbereich wirkt sehr gepflegt und die Museen bieten neben Langschädel-Mumien, Keramiken und Kunstgegenständen aus der Inka-Zeit, Wissenswertes über die Hinterlassenschaften aus der Zeit der spanischen Eroberer und die Archäologie der Stadt Chan Chan .
Die von der Chimú-Kultur errichtete Stadt erstreckt sich über ein Areal von circa 28 Quadratkilometern und ist komplett aus Lehm gebaut. Verschiedenen Quellen nach lebten zwischen 60.000 und 200.000 Menschen in dem Ort. Die riesigen Mauern, Tempel und Zeremonienplätze, Häuser und Wasserbecken wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Allerdings befindet sich die komplette Ausgrabungsstätte auf der roten Liste der gefährdeten Orte, da der mit dem Klimawandel einhergehende Zerfall in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Besonderheit ist die aufwendige Verschönerung der Mauern und Gebäude mit zahlreichen Relief-Arbeiten, die gleichförmige Muster oder Tiere abbilden. Wirklich beeindruckend, was mit dem Baumaterial Lehm Sehenswertes, und die Jahrhunderte Überdauerndes, hergestellt werden kann.
Von der Welt der Lebenden aus mache ich mich auf den Weg in das Reich der Toten. Für umgerechnet nur 4 Euro fahre ich mit dem Bus die 215 km entlang der Küste und durch unzählige Reis- und Zuckerrohrfelder nach Chiclayo. Bei Ankunft macht sich ein wenig Ernüchterung breit. Selten habe ich eine so hässliche und vermüllte Stadt gesehen. Es ist wirklich bedauernswert, wenn der Unrat einfach am Straßenrand ausgekippt wird und tonnenweise Plastik durch die Straßen geweht wird. Einzig sehenswert in der Stadt ist der Markt mit seinen Kuriositäten. Beispielsweise ein Schönheitsgel in Schleimform, das vor Ort von der Schnecke gestrichen und mit Farbe und Ölen verfeinert wird.
Grund meines Aufenthalts sind aber die Königsgräber von Sipán aus der Moche-Kultur im Nachbarort Lambayeque. In dem eigens für die Ausstellung errichteten Museum, dass in seiner Bauweise den Pyramiden gleicht, werden in mehreren Etagen, in Anordnung der Grabstätten, wahre Schätze zur Ansicht geboten. Fotografieren ist strickt untersagt und Kamera und Mobilfunkgerät müssen am Eingang abgegeben werden. Die prunkvollen Grabbeigaben aus Gold, Silber, Kupfer, Diamanten und Muscheln wurden dem Señor de Sipán für sein Leben nach dem Tod mitgegeben. Auch seine Frauen, ein Heerführer, ein Hohepriester, weitere Menschen, Tiere und zahlreiche Keramikgefäße traten die Reise in das Totenreich mit an. Die aufwendig restaurierten Schmuckstücke, die Knochenreste, die Erklärungen und die Darstellung des Museums sind absolut sehenswert!
Mit nicht wenig Verwunderung stelle ich fest, dass das Römisch-Germanische Zentralmuseum aus meiner Heimatstadt Mainz für die Konservierung der ausgegrabenen Stücke verantwortlich war. Es erfüllt mich mit Mainz-patriotischem Stolz und als ich Bilder des Museum-Standortes, der Goldenen Ross Kaserne, erblicke, von dem ich sonst nur zwei Minuten Fußweg entfernt lebe, auch ein bisschen mit Heimat-Melancholie..
In dem nahe gelegen Museum, das nach dem deutschen Ingenieur und Archäologen Heins Heinrich Brüning benannt ist, kann ich Gegenstände aus verschiedensten Materialien, überwiegend aus den Ausgrabungen von den Túcume-Pyramiden bestaunen. Verschiedene Medaillons ähneln denen der Grabbeigaben von Sipán, und dürfen auch fotografiert werden.
Nach den ganzen Eindrücken Süd- und Zentralperuanischer Städte zieht es mich jetzt in eine viel ländlichere Region, auf die ich mich schon sehr lange freue: ich reise in das Gebiet des Amazonas.
Ich werde berichten..
Euer Thilo
(siehe auch Stationen und Distanzen)
2 Gedanken zu “Chan Chan, eine Stadt aus Lehm und die Königsgräber von Sipán..”