Nach dem Aufenthalt in dem beschaulichen aber sehr ansprechenden Sucre (siehe Als Herr der Ringe in Santa Cruz und zu Boliviens Anfängen in Sucre..) geht es für mich mit dem Omnibus weiter in das nur 145 km entfernte, auf circa 4.000 m bis 4.100 m ü.N.N. gelegene Potosí. Den Anstieg der 1.200 m Höhenunterschied bewältigt der Bus nur mühsam und ist entsprechend langsam. So bietet sich ausreichend Gelegenheit, wieder das einzigartige Altiplano (siehe Von La Paz durch das Altiplano nach Cochabamba..) zu bestaunen oder Kuriositäten am Straßenrand in Augenschein zu nehmen. Beispielsweise sind bunt und sehr kitschig dekorierte Autos zu beobachten, die zu ihrer abergläubischen Weihe für eine sichere Fahrt unterwegs sind. Nach einigen Stunden erblicke ich dann zum ersten Mal die Stadt des Silbers. Die Bergwerkssiedlung liegt zu Füßen des 4.800 m hohen Cerro Rico, der auch noch heute wegen seiner Zink- und sonstiger Mineralvorkommnisse bearbeitet wird. Etwa 175.000 Einwohner verteilen sich auf den historischen Stadtkern, der UNESCO-Weltkulturerbe-Rang genießt, sowie auf die umliegenden Stadtteile.
Das Zentrum lockt nicht umsonst jährlich viele Touristen an. Zahllose, im Kolonialstil errichtete Prachtbauten, Kirchen und Herrenhäuser weisen auf den einstigen Wohlstand und die Wichtigkeit der Stadt hin. Nicht ausschließlich aber wegen des heute sich durch die engen Gassen quetschenden Verkehrs, der teilweise kaum noch Platz für Fußgänger lässt, sind die Hausfassaden aufgrund der ständigen Luftverschmutzung durch meist ungefilterte Abgase manchmal in einem fragwürdigen Zustand. Auf mich wirkt es so, als ob der Kampf gegen den Zerfall an einigen Stellen schon aufgegeben wurde.
Das wohl wichtigste Gebäude der Sehenswürdigkeiten ist die Casa de la Moneda. Die einstige Münzprägeanstalt ist heute ein Museum und zeigt religiöse Kunstwerke, Sammlungen kolonialer Münzen und die alten hölzerne Prägemaschinen.
Bei einem ausgiebigen Spaziergang halte ich nach den Kirchen San Francisco, La Compañía und San Laurenzo sowie dem Cabildo, dem Rathaus, Ausschau.
Dem Cerro Rico widme ich noch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, ist er doch für das einstige Wohl und das Elend der Stadt gleichermaßen verantwortlich. Der Wohlstand ist leider seit Ausbeutung der Silberadern und Fehlspekulationen bei Zinn, das Elend glücklicherweise durch den Fortschritt der Abbautechniken stetig am abnehmen. Es war früher ein hochbezahltes Todesurteil in den Minen zu arbeiten, war doch nach ungefähr drei Monaten der Arbeiter zu begraben. Für mich ist das beste an dem Berg die wunderschöne Aussicht auf die Stadt.
Der Handel mit sonstigen Waren aller Art darf natürlich auch nicht in Potosí fehlen. Ich schaue mir den Mercado Central, den sehr großen Nachtmarkt an und entdecke eine Reihe kleiner, gedörrter und in Reihe und Glied aufgehängter Lämmer am Eingang einer Apotheke. Der Beschluss, lieber gänzlich gesund zu bleiben, fällt nicht schwer.
Ohne Silberschatz aber mit reichlich Eindrücken im Gepäck geht es weiter. Wieder ist es nur eine verhältnismäßig kurze Fahrt über 200 km zu meinem nächsten Ziel. Uyuni. Zwar habe ich mich dort vor knapp einem Monat schon einmal für sehr kurze Zeit aufgehalten, habe es aber versäumt, dem weltgrößten Salzsee einen Besuch abzustatten. Das hole ich jetzt nach.
In Uyuni angekommen, schließe ich mich einer aus insgesamt 6 Personen bestehenden, kleinen Reisegruppe an und werde von einem Fahrer in dem obligatorischen 4×4-Jeep abgeholt. Hinein geht die Entdeckungstour in den rund 10.500 km² großen, vor circa 10.000 Jahren ausgetrockneten Salzsee, den heute eine bis zu 30m dicke und mit wertvollen Metallen durchsetzte, weiß schimmernde Kruste belegt. Erste Station des Touristen-Programms ist das aus Salzblöcken errichtete Hotel. An Tischen aus Salz, auf Blöcken aus ebendiesem Material sitzend, verspeisen wir unser Mittagessen. Salz zum Nachwürzen ist definitiv keine Mangelware.
Im Anschluss geht es zu den Brutstätten der Flamingos. Das rosa-gefiederte Vogelvieh, einbeinig in den salzigen Lachen nach Nahrung pickend und vor dem bunten Berg balancierend, die Spiegelung der Berge in den Wassern, ist ein friedliches und farbenfrohes Fotomotiv.
Ein daraufhin folgender Besuch der Insel Incahuasi ist obligatorisch. Vom höchsten Punkt auf 3.820 m, knapp 200 m über dem Salar, genieße ich einen atemberaubenden Rundblick über das schier endlose Weiß. Aber auch die auf der Insel zahlreich zu findenden Kakteen gilt es zu bestaunen, wachsen diese nur rund 1cm pro Jahr – die größten Exemplare sind bis zu 12 m hoch. Wahre „Methusalems“ der Fauna.
Selbstverständlich versäume ich es nicht, vor dieser Kulisse die wahrscheinlich weltbekannten Motive unter Ausnutzung von Spiegelung und räumlicher Distanz mit mir fotografieren zu lassen. Für den Spaßfaktor und großes Gelache an diesem Tag ein unbedingtes Muss.
Eher melancholisch schön und träumerisch ist der letzte Stopp in dem Salar zur Sonnenuntergangszeit. Die Salzkruste schimmert in allen Farben und verstärkt in dramatischer Weise die Farben des aufziehenden Abendhimmels.
Ich bin froh, dass ich nach Uyuni zurück gekehrt bin. Eine Reise durch Bolivien ohne den Aufenthalt in dem Salzsee wäre nicht komplett.
Fröhlich und glücklich, dieses Erlebnis in der für mich einzigartige Schönheit für immer in meinen Erinnerungen gespeichert zu haben, geht es für mich noch am gleichen Abend weiter. Ebenfalls zum zweiten Mal kehre ich zu Besuch bei einer friedlichen Dame zurück: La Paz.
Ich werde berichten..
Euer Thilo
Coucou de jules qui imite son parrain !!
Envoyé de mon iPhone
>
LikeGefällt 1 Person