Brasilien – meine ersten drei Stationen..

Nach Uruguay ist Brasilien das zweite Land, was ich auf meiner Reise entdecken möchte. Es ist das fünftgrößte Land der Erde mit über 200 Millionen Einwohnern, riesigen Städten, verschiedenen Zeit- und Klimazonen, vielen Einflüssen unterschiedlichster Kulturen, einem großen Schatz an Rohstoffen und Artenvielfalt und einem, so denke ich zumindest, südamerikanischem Lebensgefühl des Samba und des Karnevals..

Mit dem sehr komfortablem Bus geht es über Nacht von der Hauptstadt Uruguays in das 900 km entfernte Porto Alegre, der südlichsten Großstadt Brasiliens. Nach 12 stündiger Fahrt erreiche ich die ca. 1,4 Millionen Einwohner zählende Stadt, die am Ufer des Rio Gamba liegt.

Während der Fahrt beobachte ich ab dem Morgengrauen aufmerksam die Landschaft, um die schleichende Veränderung dieser wahrzunehmen. War das Bild von Uruguay noch von flachen Ebenen mit nur wenig Baumbestand geprägt, nehmen mit jedem gefahrenen Kilometer die Hügel und deren Begrünung zu. Ein bisschen wirkt es wie das Alpenvorland, allerdings mit dem Unterschied, dass sich zu den Laub- und Nadelbäumen auch Palmen gesellen, die von bunten Vögeln umkreist werden. Jedenfalls ist es ein schöner Anblick, der nochmal an Güte hinzugewinnt, als ich das erste Mal die Brasilianische Küste sehe. Die Vorfreude, dieses Land zu entdecken, wird immer größer und mit diesem Gefühl erreiche ich Porto Alegre.

Porto Alegre ist ähnlich wie Montevideo hügelig, im Innenstadtbereich aber deutlich weniger begrünt. Dafür recken sich viele, sehr hohe Gebäude in den Himmel, die von breiten Straßen in Blocks geordnet werden. Der Kern der Stadt ist der Mercado Publico, in dessen unmittelbarer Nähe sich auch ein Bus-Terminal befindet.

Hier treffen auch die Massen an Menschen ein, die die Fußgängerpassagen, Straßen und Gassen fast schon überfüllen, sodass manche Straßen für den Verkehr nicht mehr zu benutzen ist. Zahlreiche Händler breiten ihre Stände überall aus und versuchen, ihre indigene Kunst, Haushaltsmittel, Kitsch, Kleidung etc. zu verkaufen. Daneben bewerben lautstark viele, von den Geschäften angeworbenen, Promoter vor den jeweiligen Läden die Vorteile eines Einkaufs bei ihnen, dröhnt aus großen Boxen Musik, sammeln Leute die nicht mehr gebrauchten Verpackungen und türmen sie auf ihren Handkarren, knüpfen Handwerker neue Halsketten aus Muscheln und Holzstückchen und rufen die Wasserverkäufer den Passanten zu, die Erfrischungen doch bei ihnen zu erstehen.

 

Ein scheinbares Chaos, was allerdings doch sehr gesittet abläuft. So reihen sich die Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel brav in langen Schlangen ein und warten geduldig auf ihre Mitfahrgelegenheit. Generell ist mein erster Eindruck, dass hier sehr gerne Schlange gestanden wird. In den meisten Läden, aber auch bei den Ständen des Mercado Publico, zieht man eine Nummer und wartet. Die längsten Schlangen findet man jedoch bei den Lotterie-Annahmestellen – jeder möchte gerne auf schnelle und angenehme Art und Weise der angespannten, wirtschaftlichen Situation des Landes entfliehen oder nicht weiter in die Armut abrutschen. Und die Armut ist allgegenwärtig. Viele Menschen, die sehr mager nach Essbarem suchen, betteln, die Mülleimer durchwühlen oder, um diesem Dasein für zumindest einen Moment zu entfliehen, sich einfach hinlegen und schlafen. Es ist ein trauriges Bild, und es wird mich wohl noch eine ganze Weile begleiten.

Natürlich hat die Stadt auch einige Sehenswürdigkeiten vorzuweisen. Hier hat mich am meisten beeindruckt die Igreja Nossa Senhore Das Dores, das Museo do Trabacho, der Centro Cultural „Usina do Gasometro“, die Catedral Metropolitana und der im Herzen liegende Park als Hort der Ruhe und Entspannung.

Meine Unterkunft liegt in einem Stadtviertel namens Cidade Baixa , ganz in der Nähe des Parks und wirkt längst nicht so  hektisch wie die Innenstadt. Zudem ist es bekannt für die unzähligen Bars, Restaurants und auch ein paar Clubs, die ein breites Angebot für ein ausgelassenes Nachtleben bieten. Kontaktschwierigkeiten habe ich hier keine und so zwei lustige Abende mit Brasilianern und Engländern erlebt. Die häufig für Brasilien in Frage gestellte Sicherheit scheint hier gegeben, zumal sich die Polizei oder das Militär schwer bewaffnet in den Straßen zeigen und eine abschreckende Wirkung generieren.

Mein insgesamt erster Eindruck von Brasilien ist großartig und macht Lust auf mehr. So besteige ich wieder den Bus und fahre in das knapp 500 km nördlich liegende Florianópolis, von den Bewohnern gerne auch Floripa genannt. Die Stadt liegt an einer großen Bucht und die Downtown wird von dem Wasser in zwei Hälften getrennt. Die schönere Hälfte mit dem Zentrum liegt auf einer Insel, die sich über viele Kilometer südlich streckt und in ihrem gesamten Umfang der Stadt zugerechnet wird. Die sich dort befindlichen kleinen Dörfer liegen meist entlang der Küste verteilt und bieten Zugang zu wunderschönen Stränden. Laut eigenen Angaben die schönsten Strände Brasiliens. Jedenfalls hat auch Fußballgröße Neymar ein Domizil dort, was er wohl auch intensiv zu nutzen scheint. Überprüft habe ich das natürlich nicht.

Ein Besuch der Downtown lohnt sich meines Erachtens nicht unbedingt, ist aber wegen der Existenz einiger schöner Foto-Motive wie die zwei über die Bucht geschlagenen Brücken ok. Die Sehenswürdigkeit der Stadt konzentrieren sich auf wenige Blocks und sind im Wesentlichen die Catedral Metropolitana, der Mercade Publico Municipal, das Museo Historico de Santa Catarina (Santa Catarina ist der Name des Teilstaates), dem Forte Santana e Museo und der Praca XV de Novembra.

In wenigen Stunden arbeite ich dieses Programm ab und kehre wieder in das Dorf Armacao zurück, um dort an den Stränden Kräfte zu sammeln für die Reise nach..

..Blumenau. Die von Deutschen gegründete Stadt. Die Stadt mit den Fachwerkhäusern. Die Stadt mit dem größten Oktoberfest Amerikas.

Der Besuch der Stadt war von mir gewünscht, da ich unbedingt sehen wollte, wie sich die altertümliche Bauweise in den Regenwald einfügt und welche deutsche Einflüsse hier in dem sonstigen Leben zu finden sind. Kurz gesagt, ich bin ein bisschen enttäuscht. Die Fachwerkkunst ist nur Blendwerk, da diese Struktur an der Hauswand nur angebracht ist. Auch sind nur wenige Gebäude dieser Art zu entdecken. Die Straßennamen deuten meist auf die Gründerväter der Stadt hin, werden aber nach und nach durch Brasilianische Bezeichnungen ersetzt. Das Germanische Dorf, in dem das Oktoberfest gefeiert wird, ist sehr übersichtlich, wirkt kitschig und hat für mich einen zu stark kommerziellen geprägten Charakter. Sonstige Sehenswürdigkeiten sind hier nicht anzutreffen, außer einer überdimensionierten, modernen Kirche im Stadtzentrum, einem gigantischem Shopping-Center und dem kleinen Biermuseum.

Beobachten kann ich aber, welche Auswirkung die wirtschaftlichen Probleme hinterlassen. Viele Läden der Stadt stehen leer und werden zur Vermietung angeboten. Meinen Gastgebern nach ist die Arbeitslosigkeit hier sehr hoch – auch die Beiden suchen. Allerdings ist die Armut hier nicht ganz so offensichtlich wie in Porto Alegre. Sicher fühle ich mich aber hier genauso wie bisher in Brasilien: sehr!

Meine nächste Station genießt bei diesem Thema einen etwas anderen Ruf. Aber das schreckt mich natürlich nicht ab, diese unglaublich faszinierende Stadt, die Größte der südlichen Hemisphäre, kennenzulernen..

..Sao Paulo.

Und von dort werde ich wieder berichten.

Euer Thilo

(siehe auch: Stationen und Distanzen)


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