Die wunderschöne Küste und wunderbare Menschen..

Seit meinem letzten Blog-Beitrag ist nun einige Zeit vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich schildere..

Wie bereits in meinem letzten Artikel erwähnt, habe ich Sacha kennen gelernt…und sie sollte sich als Glücksfall erweisen. Bereits in La Paloma bietet sie mir an, dass ich meine weitere Zeit in Montevideo bei ihr verbringen kann. Als ich von La Paloma nach Montevideo zurück kehre, erwartet sie mich am Bus-Terminal und geleitet mich in ihre Wohnung – in unmittelbarer Nähe von dem Ramblas, mit Blick auf das Gewässer, in einem sehr schicken Haus mit Wächter und gelegen in einem der In-Stadtviertel (Pocitos), in dem ich mich auf Anhieb sehr wohl fühle. Jede Menge Shops, Bars, Supermärkte und fast an jedem Tag Märkte mit frischen Angeboten der Region. Bisheriges Highlight: 1kg Calamari, noch nicht mal drei Stunden aus dem Wasser geangelt – für 70 Peso. Umgerechnet 2,30€ ! Ich bin im Paradies. Aber auch das Käse-Angebot ist für mich kaum nachzuvollziehen: 500gr leckerster und würziger Parmesan für sage und schreibe 1€. Dazu isst man in Uruguay „Dulce“ – eine feste Form von Marmelade. Die Kombination ist der Wahnsinn und ich habe sie als festen Bestandteil in meinen Ernährungsplan aufgenommen. Das kulinarische Angebot in Uruguay ist sowieso so vielfältig, dass ich diesem einen Extra-Artikel widmen sollte..

Also wohne ich seit meiner Rückkehr von La Paloma in einem für mich sehr interessanten Viertel. Ich streune durch die Gegend, laufe zahllose Kilometer und tauche immer mehr ein in das Leben vor Ort. Plötzlich grüßt der Markthändler, die Kassiererin im Minimarket um die Ecke kennt meine Zigaretten-Marke, der Einpark-Helfer der Straße winkt mir aus der Ferne freundlich zu. Abends begeben Sacha und ich, wie so viel andere auch, uns auf die Promenade und beobachten beim Schlendern das bunte Treiben dort oder den Sonnenuntergang. Ein kühles Bier auf dem Strand schmeckt dann noch erfrischender. Einige Andere genießen bis zur späten Stunde ein Bad im Wasser, trinken ihren Mate oder treiben Sport. Gerne wird auch aus mitgebrachten Boxen der Musik gelauscht oder man trifft sich mit Freunden zum Plausch in einer der Bars auf dem Strand. Ein sehr entspanntes Sein und ich werde sofort Teil davon..

Die Woche vergeht wie im Flug. Sacha möchte mir am Wochenende ihr zweites Domizil zeigen und wir nehmen den Bus nach Punta del Este. Dieses ist nach nur zweieinhalbstündiger Fahrt erreicht. Sofort stelle ich fest, dass Punta del Este ein sehr mondäner Ort ist. Es ist ein Mix aus modernen Wohntürmen wie in Dubai, Reed-gedeckten Villen wie auf Sylt, Palmen-gesäumten Alleen wie in St. Tropez und schicken Casino-Flair wie in Monaco. Entlang der Buchten ziehen sich einzigartig schöne Sandstrände, die zum Sonnenbaden und Meer-Planschen einladen.

Jedoch habe ich noch keine Zeit dafür. Die Nichte von Sacha hat die „Grundschule“ abgeschlossen und dieses Event wird mit einem großen Schulfest gefeiert. Wir treffen die anderen Familienmitgliedern, Sachas Schwester Roxana und ihre andere Nichte Particia, und fahren auf der Pritsche des Pick-Ups von Gustavo in das Hinterland der Küste zu der Schule. Auf dem Geländer der Schule ist eine Bühne aufgebaut, auf der die Schulabgänger, aber auch die anderen Jahrgänge, gemeinsam singen und tanzen werden. Gekleidet sind sie alle in traditioneller Weise, auch manche Väter kommen als Gauchos. Hier kennt jeder jeden, ein großes Hallo, es wird blechweise selbstgemachtes Essen herangeschleppt, Campingstühle ergänzen das gebotene Sitzangebot, Getränke werden herumgereicht…und die Show kann beginnen. Musik dröhnt aus riesigen Boxen – und fällt sie aufgrund technischer Schwierigkeiten mal kurzfristig aus, klatscht das ganze Publikum den Rhythmus spontan weiter.

Es werden Fabeln nacherzählt, verschiedene Tänze vor- und Rede- und Antwortspiele aufgeführt und selbstverständlich darf Candombe in dem Programm nicht fehlen.

Jeder Beitrag der kleinen und großen Schüler wird frenetisch bejubelt und die Eltern von Solisten und Solistinnen stolzieren mit breiter Brust durch die Zuschauerreihen und heimsen fröhliche Zurufe ein.

Während ich voller Freude dem Treiben zuschaue, wird ständig Essen gereicht – und ich weiß gar nicht so recht, was mir den Tag noch schmackhafter bereitet. Die Speisen werden den Müttern und Großmüttern selbst bereitet und ich habe den Eindruck, dass jede Köchin versucht, die Andere zu übertrumpfen. So komme ich den Genuss von zahlreichen salzigen und süßen Kuchen, die meine Geschmacksnerven vor Genuss fast überfordern. Noch besser: 4 große Stücke eines Kuchens kosten 10 Peso – 30 €-Cent. Vielleicht sollte ich ab jetzt ständig solche Schulfeiern besuchen ?!

Die Eindrücke verarbeite ich am nächsten Tag an einem traumhaften Strand und lerne anschließend noch das neue Projekt der Familie von Sacha kennen. Diese ist gerade dabei, in La Barra, der Nachbargemeinde von Punta del Este, ein Hostal zu errichten. Die Eröffnung von „Casa del Mar“ soll in Kürze erfolgen aber noch sind einige Arbeiten zu erledigen. Kurzentschlossen packe ich mit an und gestalte im Garten eine Chill-out-Area mit Lagerfeuerstellen, die die volle Begeisterung der Familie findet. Auch im Innenbereich kann ich mit meinen Erfahrungen aus zahlreichen Übernachtungen aus den unterschiedlichsten Hostals rund um den Globus Vorschläge machen, die sofortige Zustimmung finden. Ehe ich mich versehe, habe ich mein erstes Jobangebot – die Mutter von Sacha meint allen Ernstes, ich solle doch bleiben und das Hostal mit betreiben. Es ist jedenfalls eine tolle Vorstellung, an einem so traumhaften Ort zu arbeiten – und die Entscheidung steht noch aus.

Ich wohne die Zeit in Punta del Este in einem lang gehegten Jugendtraum: in einem kleinen Häuschen mit allem nötigen Komfort auf einem sehr großen Gartengrundstück, umgeben von Natur, Natur und nochmals Natur. Alle anderen Häuschen liegen versteckt hinter Bäumen, großen Hortensien-Büchen, langstieligen Gräsern und vielen weiteren Blumen. Die Sonnenstrahlen kommen nur gebrochen an und die Dramatik dieser Idylle wird vom Chor der zahlreichen Vögel besungen. Ich meine, in einem verzauberten Wunschgarten zu sein. Aus der Ferne vernehme ich an einem Abend die Klänge von mehreren Trommeln. Meine Neugierde treibt mich dorthin und ich lerne Gerardo Silvera kennen. Er ist ein in Uruguay sehr begehrter Maler, liebt aber die Ruhe der Siedlung und Cantombe. Ausführlich erklärt er mir die unterschiedlichen Größen der Trommel, die Herkunft dieser Form der Musik aus Zeiten der Sklaverei und gewährt mir dann eine große Ehre. Ich bekomme meine eigene Cantombe gespielt – versammelt um ein zuckendes Lagerfeuer, dass die anwesenden Personen nur vage beleuchtet, trommeln nun 12 Männer mit vollem Körpereinsatz für mich und der Rhythmus versetzt mich und herbeigeeilte Zuhörer fast in Trance. Es hat etwas Mystisches.

Am Montag geht es wieder nach Montevideo und ich beschließe, Spanisch zu lernen. Sacha kann mir hierbei prima helfen, denn sie hat in ihrer Vergangenheit auch als Spanisch-Lehrering gearbeitet. Ich sage ja, sie ist ein wahrer Glücksfall.

Ihren Bruder Inaki und seine Freundin Marianne, die Großmutter und Tanten lerne ich im Rahmen eines für Uruguay so typischen Events kennen: bei einem Asado – verschiedene Fleischsorten werden auf offenem Feuer gegrillt. Dieses wird dann zerstückelt auf einem Brett in die Mitte des Tisches präsentiert und jeder greift nach Herzenslust zu. Da zu wird Aioli und Brot gereicht – und kühle Getränke dürfen natürlich auch nicht fehlen. Der Abend ist ein tolles Fest und in der Folge werde ich noch einige Gelegenheiten haben, mit Inaki und Marianne weitere fröhliche Partys zu feiern.

Nicht nur wegen des Essens und den freundschaftlichen und herzlichen Begegnungen mit den Menschen fühle ich mich immer wohler in Uruguay. Es sind erst recht die einzigartigen Erlebnisse jenseits der touristischen Pfade, die Einblicke in das wirkliche Leben hier und die fantastische Willkommenskultur von Sachas Familie, die mich mit freudiger Wärme erfüllen und mir das Gefühl geben, dass ich gerade das erlebe, wofür ich aufgebrochen bin.

Nun, das touristische Programm kommt natürlich nicht zu kurz. Unter anderem ein erneuter Besuch der Altstadt aber auch des Mausoleums des Generals Artigas, dem Befreier und Retter des Landes.

 

Die Zeit des Tages reicht nicht aus, um alle Läden, Angebote, Dekorationen, Antiquitäten und sonstige Details genau zu studieren und deswegen werde ich wieder hierher zurück kehren. Ich beschließe, noch eine Weile zu bleiben – das Land hat mich in seinen Bann gezogen.

In meinem nächsten Artikel werde ich weiter von den Begegnungen mit den Menschen berichten – aber auch, wie hier in Uruguay Weihnachten und Sylvester gefeiert wird. Weihnachten habe ich schon erlebt und kann sagen, dass es ein außergewöhnliches Fest war.

Euch wünsche ich von Herzen einen gelungenen Jahresabschluss und das tollste Jahr 2017!

Euer Thilo


5 Gedanken zu “Die wunderschöne Küste und wunderbare Menschen..

  1. Hallo Thilo, danke für den sehr anschaulichen Bericht. Wünsche Dir ein ein superschönes 2017 und weiterhn viele neue Eindrücke und Erlebnisse. Seit Sylvester haben wir Schnee in Mainz. Herzliche Grüße. Rainer

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  2. Sehr gelungene und spannende Beiträge. Chapeau! Wir – die Fernwehhabenden – gieren regelrecht nach Neuigkeiten aus der Ferne.

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    1. Entdecke eben erst die ganzen Kommentare … vielen herzlichen Dank. Freue mich sehr, dass dir/euch die Beiträge gefallen. Freue mich auch sehr über weitere Kommentare oder eine persönliche Mail. Liebe Grüße, Thilo

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